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27.01.2015
Südafrikareise von Martin Bach - Umfulana
Unter allen Kontinenten ist Afrika der magischste. Er wird uns niemals loslassen.
Unsere diesjährige Reise nach Südafrika sollte verschiedene Bedingungen erfüllen.
1. Sie sollte nicht länger als zwei Wochen dauern, da sie in die Herbstferien passen musste.
2. Lange Fahrten wollten wir vermeiden.
3. Sie sollte so vielseitig wie möglich werden, weil die Familie mitfahren wollte – der Neunjährige, seine großen Geschwister, ihre Freundinnen und Freunde und nicht zuletzt wir, die Eltern.
So wurde daraus eine Reise nach Natal, weil die Provinz am Indischen Ozean so vieles auf engstem Raum bietet: Ozean, Savanne, Hochgebirge.
Von den günstigen Preisen haben wir uns zu einem Flug über Dubai verleiten lassen. Das werden wir nicht noch mal machen, denn man lungert dort eine halbe Nacht auf dem Flughafen herum. Nach acht Stunden Flug von Düsseldorf ist das eine Strapaze. Und dann fliegt man noch einmal fast acht Stunden nach Durban, wo man erst am Nachmittag ankommt. Zu spät! Denn bis man den Mietwagen endlich hat, beginnt schon die Abenddämmerung. Da hatten wir noch zwei Stunden Fahrt vor uns.
HInter Stanger sah man die Hand nicht mehr vor Augen, so nebelig war es. Wir dachten schon, wir kämen niemals an und unser VW Bus würde vor einem der zahllosen Schlaglöcher kapitulieren, da fuhren wir durch Kranskop und sahen endlich das ersehnte Hinweisschild. Alle Anspannung fiel von uns ab, als wir aus dem Auto stiegen, die herrliche Luft und die majestätische Stille, die über dem nächtlichen Afrika liegt, in uns aufnahmen. Unsere Gastgeberin hatte sich schon Sorgen gemacht. Aber jetzt flackerte der Kamin, der Tisch war festlich gedeckt und der Raum mit Kerzen erleuchtet. Nach einem indischen Curry und südafrikanischem Wein fielen wir wie Steine ins Bett, nicht ohne dabei noch ein ungemein angenehmes Detail bemerken: die Wärmflasche an den Füßen.
Am nächsten Morgen strahlt die Sonne Afrikas. Wir nehmen den Garten jetzt erst wirklich wahr: Alte Eichen, eine großzügige Rasenfläche. In den Beeten verstecken sich steinerne Figuren wie aus dem Märchen. Man könnte meinen, man sei 10.000 Kilometer weiter nördlich in einen englischen Landschaftsgarten versetzt, wären da nicht die anderen, wesentlich üppigeren Pflanzen und Blumen.
Stella wartet: unsere Führerin bringt uns ins Tugelatal, nicht ohne uns vorher den atemberaubenden Blick von oben zu zeigen. Keiner kennt ihn, den Kranskop, aber von dort schaut man fast tausend Meter tief hinab in den Canyon, den sich Südafrikas zweitgrößter Fluss in Jahrmillionen gegraben hat. Unter kreisen Adler. Sicher einer der eindrucksvollsten Ausblicke südlich des Kilimandscharo.
Der Ausflug geht zu einer Töpferfamilie. Es ist offenbar nur wenigen Weißen vergönnt, einen Kraal von innen zu erleben und einen Blick in die Lehmhütten zu werfen, wo die Gogos (Omas) auf dem Boden sitzen, und töpfern, während sie gleichzeitig ihre Enkel herumkommandieren.
Abends ein festliches Dinner bei einem deutschsprachigen Farmer, der viel über den Alltag erzählt. Nachdenklich ist er und kritisch gegenüber dem ANC, aber kein Pessimist. Er sagt einen hellsichtigen Satz: „An einem Land, in das so viele Menschen aus den Nachbarländern einwandern, kann eigentlich nicht alles verkehrt sein.“
Am nächsten Tag geht’s weiter, immer tiefer ins Zululand. Das Msinga Gebiet wird durchquert, das während der Apartheid ein kleines Homeland im schwarz-weißen Flickenteppich von Natal war. Wie anders sieht es hier aus als in Hermannsburg! Als wäre man in zehn Kilometern von Lappland nach Sizilien gefahren.
Dank der kurzen Entfernung sind wir bald in der Isibindi Zulu Lodge. Ein Empfangskomitee wartet mit einem Welcome Drink auf uns und ehe wir es uns versehen, sind unsere Koffer bereits in den Hütten. Sie sind nicht aus Lehm gebaut, sondern aus Gras geflochten – kleine, halbkugelförmige Kunstwerke. Obwohl die Sonne vom Himmel brennt, herrscht innen ein angenehmes Klima. Es duftet nach Heu. Viele Details in der Lodge sind originell und phantasievoll, von den Bädern bis zur Lapa.
In den Schatten gestellt wird das originelle Design nur durch die Lage der Lodge und die Aussicht über die ursprüngliche Bergsavanne, in die wir jetzt mit einem Jeep gefahren werden. Löwen, Elefanten und Büffel sehen wir keine. Es gibt sie nicht in Isibindi. Das hat aber auch Vorteile: man kann ohne Begleitung durch das Reservat wandern. Es reichen eine kopierte Landkarte und die spärlichen Wanderzeichen unterwegs. Zu Fuß durch die Savanne, das ist eine Ur-Erfahrung im wahrsten Sinne des Wortes. Die Savanne ist die Landschaft unserer Urahnen. Sie ist tief im kollektiven Gedächtnis der Menschheit verankert, davon bin ich überzeugt, während ich Kudus, Gnus und Zebras aus nächster Nähe erlebe. Sie umkreisen mich und fliehen, wenn ich ihnen zu nahe komme. Das Dinner ist diesmal am Lagerfeuer. Es gibt Utshwala, das milchige Schwachbier der Zulus. Gar nicht mal so schlecht, aber dann entscheide ich mich doch für das deutschen Reinheitsgebot gebraute Windhoek Lager. Zwischen den Gängen gibt es Tanzvorführungen, nicht von Profis, sondern von den Jugendlichen aus dem Nachbardorf.
Die nächste Station ist wieder ein Kontrastprogramm. Wir tauchen ein in die englische Kolonialzeit. Das viktorianische Farmhaus diente im Burenkrieg dem britischen General Buller als Hauptquartier – wegen des phänomenalen Überblicks über einen strategisch wichtigen Teil Natals. Unser Gastgeber ist sich der ehrwürdigen Vergangenheit seines Anwesens bewusst. Und er versteht es, 30.000 Jahre südafrikanische Geschichte zu einem spannenden, einstündigen Hörerlebnis für alle zu machen.
Unsere Kids kommen auch auf ihre Kosten. Durch das angrenzende Spionkop Game Reserve kann man reiten. Das Reizvolle daran ist: Im Sattel kommt man den Wildtieren näher als zu Fuß, da sie vor Pferden keine Scheu haben. Nachmittags wartet dann noch ein Abenteuer: Wasserskifahren auf dem Spionkop-See, den wir ganz für uns allein haben. Auch am Ufer ist kein Mensch, nur eine Horde Paviane schaut uns missbilligend zu.
Der folgende Ortwechsel ist der einzige, der mit einer weiteren Strecke verbunden ist: Unser Ziel, die Oribi Gorge im äußersten Süden Natals, ist fast eine Tagesreise entfernt – jedenfalls wenn man wie wir Rast in einer Mall bei Durban macht. Südlich der Millionenstadt wird die Küste schnell einsamer. Nachdem die Autobahn einspurig geworden ist, kommt die Abbiegung zur Oribi Gorge. So schön die Anfahrt durch das Naturreservat auch ist, das Beste kommt erst ganz zum Schluss, erst wenn man das Chalet betreten hat. Vorne heraus machte es einen eher bescheidenen Eindruck machen, aber als wir die Terrasse betreten, sind wir wie vom Donner gerührt: uns eröffnet sich ein unbeschreiblicher Blick über ein tiefes Tal, dessen Hänge mit undurchdringlichem afromontanem Regenwald bewachsen sind. Man kann die Augen gar nicht mehr abwenden.
Am nächsten Tag steht noch etwas Außerordentliches an: Eine Fahrt mit der Seilrutsche über den 1000 Meter tiefen Abgrund. Eine Mutprobe, die alle bestehen, auch dank der zwei munteren und kompetenten Führerinnen, von denen die eine sich des Zehnjährigen annimmt.
Acht Jahre sind wir nicht mehr in Afrika gewesen. Wir haben Europa erkundet von Estland bis Portugal. Wir waren im Westen der USA und sind in den Grand Canyon gewandert. Afrika ist in den Jahren ein wenig verblasst. Nach diesem Urlaub ist es uns allen wieder ganz klar: Unter allen Kontinenten ist Afrika der magische. Er wird uns niemals loslassen.