
Die 3 Sphären von La Réunion
Landschaftliche Vielfalt auf rund 2.500 Quadratkilometern
La Réunion liegt im Indischen Ozean und bildet gemeinsam mit Mauritius sowie der zu Mauritius gehörenden Insel Rodrigues die Inselgruppe der Maskarenen. Als französisches Übersee-Departement zählt sie als eine „région ultrapériphérique“ zur EU. Seit der ersten menschlichen Besiedlung im 17. Jahrhundert hat sich die Insel zu einem Schmelztiegel afrikanischer, asiatischer und europäischer Einflüsse entwickelt. Und auch landschaftlich zeigt sich das tropische Eiland auf seinen rund nur 2.500 Quadratkilometern facettenreich.
Die Vulkanlandschaften
In geologischer Hinsicht ist La Réunion noch relativ jung. Erst vor rund drei Millionen Jahren erhob sich der Piton des Neiges aus den Tiefen des Meeres. Mit einer Höhe von über 3.000 Metern wird er auch als „das Dach des Indischen Ozeans“ bezeichnet. Was zunächst eine kahle Gesteinsinsel war, bot fruchtbaren Boden für die Ausbreitung verschiedener Pflanzen, die unter anderem durch den Wind oder durch die Meeresströmungen ihren Weg auf das unberührte Fleckchen Erde fanden. So wurden die Vulkanflanken im Laufe der Jahrmillionen von einem grünen Urwald überzogen.

Mittlerweile ist der Piton des Neiges seit mehreren tausend Jahren erloschen. Jedoch entstand an seiner Südflanke vor rund 380.000 Jahren der Schildvulkan Piton de la Fournaise, der nach wie vor zu den aktivsten Vulkanen der Erde zählt. Seine Aktivität wird sorgfältig überwacht und glücklicherweise geht von seinen Ausbrüchen in der Regel keine unmittelbare Gefahr aus. So ist er im Laufe der Zeit zu einem wahren Besuchermagneten geworden. Die sogenannte „Route du Volcan“ ermöglicht auf einer Länge von rund 23 Kilometern vom Dorf Bourg-Murat aus eine bequeme Erkundung der Gegend mit dem Auto. So passiert man tief aufklaffende Schluchten, grüne Weiden und außerirdisch anmutende Lavalandschaften.

Die Talkessel
Wie die Blätter eines überdimensionalen Kleeblattes gruppieren sich die drei Talkessel von Réunion um den Piton des Neiges. Sie tragen die klangvollen Namen Cirque de Salazie, Cirque de Cilaos und Cirque de Mafate. Es handelt sich um Calderen, die einst bei dem Einsturz großer Magmakammern entstanden sind und die von der Zeit zu einem wahren Wanderparadies geformt wurden. Wasserfälle stürzen grüne Hänge hinab, die mit urzeitlichen Farnen bewachsen sind; enge Schluchten und steile Felswände bilden ein einzigartiges inneres Relief. Zahlreiche Wege durchziehen die beeindruckende Naturlandschaft, in der auch die menschlichen Bewohner im Laufe der Jahrhunderte ihre Spuren hinterlassen haben. So boten die Talkessel einst ein Versteck für entkommene Sklaven, die in der unwegsamen Wildnis eine sichere Zuflucht fanden. Auf kleinen Plateaus, den sogenannten Îlets, entstanden die ersten Siedlungen. Allen voran der Cirque de Mafate hat sich jedoch seine wilde Ursprünglichkeit bewahrt. Erreichbar ist er lediglich zu Fuß oder per Hubschrauber. Eine gute Möglichkeit ihn zu erkunden ist eine Trekkingtour mit Hüttenübernachtung.

Der Cirque de Salazie rückte in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ins Interesse der Europäer, als diese dort Thermalquellen für sich entdeckten, denen eine heilsame Wirkung zugesagt wurde. Schnell entstand ein hübscher Kurort, das heutige Hell-Bourg. Nach einem Erdrutsch, bei dem die Quellen verschüttet wurden, folgte ein verheerender Versuch diese mit dem Einsatz von Sprengstoff wieder freizulegen – mit dem Ergebnis, dass die Quellen endgültig zerstört wurden. Daraufhin geriet Hell-Bourg für den Tourismus mehrere Jahrzehnte in Vergessenheit. Dann wurden mit monetärer Unterstützung der EU zahlreiche der kreolischen Villen restauriert, sodass der Ort heute von der Vereinigung „Les Plus Beaux Villages de France" offiziell als eines der schönsten Dörfer Frankreichs gelistet wird.

Die Küsten
An der Küste von La Réunion treffen Wasser und Feuer in ihrer urgewaltigen Gegensätzlichkeit aufeinander. Besonders eindrucksvoll zeigt sich das Spiel der Elemente unter anderem am Cap Méchant im Süden, wo die Wellen des Ozeans ungestüm auf die schwarzen Lavaklippen schlagen. Es heißt, dass bereits zahlreiche Seefahrer, darunter viele Piraten, in der tosenden Brandung ihr Leben verloren. So lautet der Name übersetzt auch so viel wie „das boshafte Kap“.

Der Westen hingegen zeigt sich sanfter. Besonders in der Gegend rund um Saint-Gilles liegen schöne Strände. Hier wird ein Küstenabschnitt von rund 20 Kilometern durch einen vorgelagerten Korallengürtel geschützt – man spricht von der Lagune von Réunion. Eine klassische Badedestination ist die Insel jedoch nicht. Wichtig ist vor allem, dass man zum Schwimmen ausschließlich die ausgewiesenen Stellen nutzt – um die Begegnung mit hungrigen Haien zu vermeiden. Wer lieber am sicheren Ufer bleiben möchte, kann auf dem weichen Sand – der an manchen Stränden weiß, an anderen schwarz schimmert – ein ausgiebiges Sonnenbad nehmen.

An der nördlichen Küste liegt die Inselhauptstadt Saint-Denis, die 1667 gegründet und im Laufe der Zeit aus dem Altstadtviertel hervorgegangen ist, das heute als „Le Barachois“ bekannt ist. Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte Saint-Denis zu einer Blüte, als die reichen Besitzer der Zuckerrohrplantagen sich prächtige Villen in der Stadt errichten ließen. So wird das Stadtbild auch heute noch maßgeblich von der kolonialen Architektur geprägt. Darüber hinaus ist jedoch ein wahrhaft multikulturelles Mosaik entstanden, zusammengesetzt von den verschiedenen Kulturen, die die Geschichte der Insel geprägt haben. So findet man Kirchen neben Moscheen und hinduistischen Tempeln; zudem haben die verschiedenen Einflüsse einem breit aufgestelltes künstlerisches und kulinarisches Angebot geschaffen.
